Frische Luft
… an Büros, Klassenzimmer, Krankenhäuser, Wartezimmer, Kaufhäuser, Industriehallen … denken wir dabei weniger. Doch auch dort ist gute, frische Luft möglich.
Wie lässt sich die Luftqualität in Innenräumen verbessern?
Es gibt Worte, die bei ihrem bloßen Aussprechen gut tun. “Frische Luft” ist eines davon. Und wir denken dabei an Berger, grüne Wiesen, Meer, blauen Himmel und tiefe Atemzüge.
Gute Luft. An Büros, Klassenzimmer, Krankenhäuser, Wartezimmer, Kaufhäuser… denken wir dabei weniger.
Indoor Air Quality, Luftqualität in Innenräumen – ein Thema, das lange Zeit hinter der Aufmerksamkeit für die Luftbelastung draußen zurückgeblieben ist. Ein europaweites Konsortium aus 19 Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen wird in den nächsten vier Jahren die Schadstoffbelastung in Innenräumen untersuchen. Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig ist einziger Partner in Deutschland und wird dabei innovative Werkzeuge zur Überwachung der Luftqualität in Innenräumen entwickeln, so eine Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. in Leipzig vom 1. Dezember.
Innovationsschub erhofft
Bis Ende 2026 will das Konsortium unter der Leitung des Brüsseler Thinktanks Lisbon Council wissenschaftlich fundierte Informationen für die Gesetzgebung liefern, damit Richtlinien für die Luftqualität in Innenräumen festgelegt und Strategien für nachhaltige, technologische Innovationen zur Verbesserung der Luftqualität ausgearbeitet werden können. Die Europäische Kommission fördert das Projekt „EVIDENCE DRIVEN INDOOR AIR QUALITY IMPROVEMENT“ (kurz: EDIAQI) mit insgesamt 8 Millionen Euro und erhofft sich davon einen Innovationsschub wie bei den EU-Richtlinien zur Qualität der Außenluft, die in den letzten Jahrzehnten für deutliche Modernisierungen gesorgt haben.
Auswirkung der Innenraumluft auf die Gesundheit
In Industrieländern verbringen die Menschen bis zu 90 Prozent ihrer Lebenszeit in Innenräumen, davon fast 70 Prozent zu Hause. Wahrscheinlich hat sich in den letzten Monaten die Aufenthaltszeit in geschlossenen Räumen aufgrund der weltweiten Pandemie noch weiter erhöht. Nach der Qualität der Außenluft rückt nun auch die Luftqualität in Innenräumen zunehmend in den Fokus, weil auch sie gravierende gesundheitliche Folgen haben kann. Schlechte Luftqualität in Innenräumen kann zum Beispiel zusammen mit einer biologischen Kontamination und Feuchtigkeit das Risiko von Atemwegserkrankungen deutlich erhöhen. Wissenschaftlichen Hochrechnungen zufolge stand im Jahr 2017 die Luftverschmutzung in Haushalten weltweit mit 1,8 Millionen Todesfällen und mehr als 60 Millionen reduzierten Lebensjahren in Verbindung. Allein in Europa verkürzt die Belastung durch Feinstaub (PM) die statistische Lebenserwartung eines jeden Menschen um durchschnittlich fast ein Jahr, vor allem aufgrund des erhöhten Risikos von Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, neurologischen Störungen und Lungenkrebs.
Wie stark sich die Innenraumluft auf die Gesundheit auswirkt, hängt von vielen Faktoren wie Alter, Gesundheitszustand oder sozioökonomischer Status ab: Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Atemwegserkrankungen reagieren empfindlicher auf diese Umweltrisiken als die Allgemeinbevölkerung. Die Luftqualität in Innenräumen wird von verschiedensten Faktoren beeinflusst wie z. B. dem Verschmutzungsgrad der Außenluft, Temperaturen, Belüftung, Oberfläche der Räume, Quellen für Innenraum-Emissionen wie Kocher, Heizungen oder Kerzen und vielen anderen mehr. Wegen der Vielzahl dieser Faktoren ist es immer noch eine große Herausforderung, die Zusammenhänge zwischen Innen- und Außenluft sowie Belüftung/Filtration zu untersuchen. „Messungen unserer Arbeitsgruppe in und außerhalb von 40 Wohnungen in Leipzig und Berlin in verschiedenen Jahreszeiten konnten zeigen, dass die Belastung durch Ultrafeinstaub in deutschen Wohnungen stark davon abhängt wie gekocht und geheizt wird“, erklärt Prof. Mira Pöhlker vom TROPOS. „Aber es fehlt immer noch ein systematischer Überblick. Nur wenige Studien haben bisher die Auswirkungen von ultrafeinen, schwarzen Rußpartikeln und Allergenen auf empfindliche Gruppen wie Kinder und Schwangere mit hoher Zeitauflösung untersucht. Wie stark die Menschen in Europa im Büro oder in der Wohnung tatsächlich solchen Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind, weiß momentan niemand. Klar ist nur: Eine Bestandsaufnahme ist dringend nötig.“
Wie viel “schlechte Luft” lagert sich in unseren Atemwegen ab?
Dazu wollen die Feinstaub-Expertinnen und Experten vom TROPOS vor allem ihr Knowhow zum Messen der ultrafeinen Partikel beisteuern. Das Team leitet ein Arbeitspaket, das sich mit Luftqualitätsmessungen befasst. „Dazu werden wir mit modernsten Instrumenten die Raumluftqualität untersuchen und unser neuartiges, selbst entwickeltes Messsystem einsetzen, um abzuschätzen, wie viel von der “schlechten Luft” sich tatsächlich in unseren Atemwegen ablagert“, berichtet Leizel Madueño vom TROPOS, die in ihrer Dissertation an solchen neuen Technologien arbeitet. In den letzten Monaten hat die philippinische Doktorandin ein neues tragbares In-situ-Messsystem zur Bestimmung der Ablagerung von eingeatmeten Partikeln in den Atemwegen entwickelt, das derzeit auf die Messung von Rußpartikeln ausgerichtet ist. Dabei wird nicht wie bisher üblich nur die Konzentration der Rußpartikel in der Umgebungsluft gemessen. Stattdessen werden die Konzentrationen zwischen der ein- und ausgeatmeten Luft verglichen. Dadurch kann bestimmt werden, wieviel Ruß in den Atemwegen bleibt, und besser abgeschätzt werden, wie groß die Gesundheitsgefahr ist. Bei ihren Untersuchungen in der philippinischen Hauptstadt Manila beobachtete Madueño, dass Passagiere in den öffentlichen Kleinbussen dreimal mehr Ruß aufnahmen als Menschen, die zu Fuß zur Arbeit gingen. Diese Messungen unterstreichen, dass die Schadstoffkonzentrationen innen um ein Vielfaches höher als in der Außenluft liegen können und mehr Messungen in Innenräumen nötig sind.
Die Luft innen sauber machen
Im Rahmen des EDIAQI-Projekts werden mehrere Szenarien der Belastung sowohl mit bereits bekannten als auch mit neuen Luftschadstoffen untersucht. Dafür werden Wohngebiete (Häuser und öffentliche Einrichtungen), Freizeiteinrichtungen (z. B. Kinos, Theater, Restaurants), Krankenhäuser und Schulen in ganz Europa ausgewählt. Modernste Aerosol-Instrumente werden zusammen mit innovativen, kostengünstigen Sensoren eingesetzt, um die Unterschiede zwischen Teilpopulationen in verschiedenen Expositionsszenarien zu untersuchen. TROPOS wird dabei sowohl auf seine jüngsten Erfahrungen mit Citizen-Science-Anwendungen und Wissenstransfer als auch auf seine langjährige Expertise mit der Qualitätssicherung von Partikelmessungen zurückgreifen. So betreibt das Leibniz-Institut seit 2002 im Auftrag der UN-Weltorganisation für Meteorologie (WMO) das Weltkalibrierzentrum für Aerosolphysik (WCCAP). „Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserem Wissen aus insgesamt drei Jahrzehnten der Forschung zu Partikeln in der Außenluft jetzt auch dazu beitragen, die Luft innen sauber zu machen. Die Teilnahme an diesem großen, wegweisenden EU-Projekt unterstreicht die Bedeutung der bisherigen Arbeiten zur Luftqualitätserfassung am TROPOS“, fast TROPOS-Direktor Prof. Andreas Macke zusammen.
Ziel des Projektes ist eine einheitliche, groß angelegte und langfristige Strategie zur Überwachung der Luftverschmutzung in Innenräumen, die transdisziplinäre Forschungsansätze, Big Data, Interoperabilität und das Internet der Dinge umfasst. Die Forschenden wollen dazu ein besseres Verständnis der Schadstoffbelastung in Innenräumen und der damit verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen liefern. Sie wollen wissenschaftlich fundierte Informationen für gesetzgebende Gremien bereitstellen, damit diese Richtlinien festlegen und Strategien für Innovationen zur Verbesserung der Luftqualität in Innenräumen auszuarbeiten können. Die jetzt beginnenden Arbeiten könnten also den Grundstein legen, damit Millionen Menschen künftig auch im Innenraum saubere Luft einatmen und so deutlich gesünder leben können, so die Informationen des Tropos.
Nicht nur Coronaviren…
Dass “gute Luft”, Luftqualität, Luftverschmutzung nicht nur ein Thema von Smog, Industrie- und Kraftfahrzeugemissionen ist, haben wir in der Pandemie gelernt. Plötzlich ist es drinnen gefährlicher als draußen, sind Innenräume Coronafallen und Infektionsstätten.
Doch nicht nur Aerosole voller Coronaviren, die stundenlang durch die Raumluft schweben, auch sonstige Mikroben – Bakterien, Schimmelsporen -, Pollen und jede Art von Feinstaubpartikeln bilden neben Gerüchen und Gasen in Inneräumen oft eine Gesundheitsgefahr, die Lebensqualität mindert und Lebenszeit verkürzt.
Luftreiniger, die all diese Verschmutzungen aus der Atemluft herausholen, sind kein Luxus.
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